Lest hier das neueste Werk unserer Gastautorin LaTina. Es wird schön und auch ein wenig schaurig zugleich, seid gespannt…
Vor Kurzem begegnete ich einer Mutti auf dem Parkplatz des Einkaufscenters. Ohne Punkt und Komma berichtete sie mir von ihrer vor kurzem erst durchgeführten Bauchstraffung.
Damit nicht genug, auch ihre Brüste wurden aufgepimpt. Schwer beeindruckt überlies ich mich den Detailbeschreibungen der OP und hatte den Eindruck, dass das alles eher einem sonnigen Spaziergang, als einem operativen Eingriff mit Narkose etc. entsprach.
Um mich von der gelungenen Straffheit ihrer Bauchdecke zu überzeugen, zog meine Bekannte auch gleich demonstrativ ihr Laibchen hoch.
Wohl gemerkt, auf einem sehr belebten Parkplatz. Ich war beeindruckt. Da meine Bekannte eh eine fanatische Fitnessaktivistin ist und auch ohne OP schon einen recht ansehnlichen Körper hatte, fragte ich mich und sie, warum sich eine Person, die eh einen schönen und straffen Körper hat, sich einer OP aussetzt, die ja durchaus nicht ganz ungefährlich ist.
„Nun“, bekam ich zu hören, „nach zwei Kindern und der Einwirkung von Schwerkraft, bin ich beim Bodyforming im Fitnessstudio an meine Grenzen gestoßen.“ Heißt so viel wie aus einem schönen Körper einen perfekten Körper zu modellieren.
Selbstverständlich verfolgte mich dieses Gespräch auch während der Heimfahrt. Ich konnte ihre Gründe sehr gut nachvollziehen und persönlich hatte ich mir vor ein paar Jahren auch schon Schritt zwei überlegt – jedoch ohne über Schritt eins (der elendigen Plackerei im Fitnessstudio) zu gehen.
Abhängigkeit vor weitere Schönheitseingriffen, Kosten, eventuelle Schmerzen und auch die lautstarken Proteste meines Mannes haben mich davon abgebracht, mich ebenfalls unters Messer zu legen.
Daraufhin ließ ich die ein oder andere Freundin vor meinem inneren Auge Revue passieren.
Nun gut, es gibt die, bei denen immer alles tipitopi ist: schöne Frau, schöne Kinder, schöner Mann, schönes Haus, schön, schön, schön.
Aber wie heißt es so schön: Gleiches gesellt sich gerne zu Gleichem und deswegen bin ich nicht so sehr mit „schön“ befreundet. In meinem engen Freundeskreis handelt es sich vorwiegend um Mütter mit mehr oder weniger dem gleichen Geburtsjahr und mit etwa gleichaltrigen Kindern – heißt so viel wie wir sind alle nicht mehr ganz taufrisch.
Die einen haben den Kampf gegen graue Haare schon aufgegeben, die anderen tragen ein paar Pfund zu viel auf den Hüften herum und bei ein paar haben sich schon die Falten ins Gesicht gegraben. Einigen sieht man ihr Alter an, anderen nicht so sehr.
Einige sind top gepflegt mit stets manikürten Nägeln, top Haarschnitt und coolen Klamotten, andere sind eher in der Fraktion „Naturmädel“ angesiedelt, nach dem Motto: Hauptsache Zähne geputzt und nicht nackt aus dem Haus gegangen.
Wobei ich nicht sagen kann, wer jetzt gut, oder weniger gut aussieht. Jede für sich saugut. Ich im Übrigen bewege mich irgendwo dazwischen. Am liebsten würde ich gut aussehen ohne großartig was dafür zu machen. Klappt leider nicht.
Was also macht Schönheit aus? Und… für wen will man denn schön sein?
Gute Gene sind natürlich schon einmal eine feine Sache, wenn sie die Haut straff und die Figur schlank halten. Aber sind wir ehrlich… für meine Altersklasse ist Schönheit etwas ganz anderes, als für jüngere Generationen. Die Bäckchen prall, die Hüften schlank, die Brüste straff und der Beckenboden stabil, kann man natürlich klotzen.
Nach 1-4 Kindern sieht die Welt der Beauty schon nicht mehr ganz so rosig aus.
Und setzte man die gewohnten Trainingseinheiten mit dem Schlafmangel durch hungrige oder kranke Babys gleich, fällt die Entscheidung Pro-Sofa und Kontra-Fitnessstudio nicht wirklich schwer. In späteren Jahren kommt der Spagat zwischen Job, Familienleben und Freizeitgestaltung hinzu.
An Sofa-Zustand kann man sich gewöhnen- und tut es im Übrigen auch – und kaum sind 15 Jahre um, stellen man fest, dass das Sofa immer noch vor dem Fitnessstudio rangiert. Und von dort sehen wir uns die Zeitschriften oder die Filme und Sendungen mit tollen, superschlanken und erfolgreichen Frauen an, erfahren dass diese auch noch ein Schar Kinder auf die Welt geworfen haben und unser Selbstbewusstsein spielt Abklatschen mit unserer Selbstachtung. Beides sinkt sturzflugartig Richtung Keller und nur eine Ladung Eiskreme, Schokolade oder Gin Tonic kann uns da wieder herausholen.
Wenn man ständig damit konfrontiert wird, dass man mit 50 noch genauso aussehen könnte, wie mit Mitte Zwanzig und dass Kinder nun wirklich kein Hemmnis für eine Hammer-Figur sind und viel Arbeit sicherlich kein Grund für fahle Haut und dünne Nerven ist, dann glaubt man das irgendwann auch.
Auch dann, wenn wir die Mär von 8h Schlaf und 3 L Wasser am Tag schon lange als Lüge entlarvt haben. Zwar freuen wir uns, der ungeschminkten Wahrheit, wie sie uns von bekannten VIPs gerade gerne auf Insta und Facebook präsentiert wird, ins Gesicht zu schauen, aber sind wir ehrlich… jemand der sein Geld mit gutem Aussehen verdient, wird schon im Vorfeld einiges dafür tun, um auch ungeschminkt richtig geil auszusehen.
Nur wir, wir sehen ungeschminkt wirklich aus wie ungeschminkt und sicherlich nicht geil.
Die logische Konsequenz hieraus? Genau – Schoki und Gin Tonic.
Liest man nun das Kleingedruckte, stellen wir fest, dass hinter gutem Aussehen und einer mächtig schönen Figur, viel Arbeit, sehr viel Disziplin und manchmal auch viel Geld steckt. Prinzipiell nix Neues, geahnt haben wir es ja schon immer, nur wahrhaben wollen wir es nicht. Es liegt somit an uns, Äußerlichkeiten anzunehmen, wie sie sind, oder daran zu verzweifeln, oder ja – etwas dagegen zu unternehmen. Vielleicht sollten wir uns aber ein großes Stück bei unseren Kindern abschneiden.
Was ist Schönheit für die ganz junge Generation?
Für meinen Sohn beispielsweise, ist es ein gut geformter Controller (früher Joy-Stick genannt) oder das bezaubernde Lächeln einer hübschen Maid.
Für meine Tochter ist es eher ein schön verzierter Kuchen und die Farbe Schwarz. Beide kümmert es wenig, ob Freunde zu picklig, zu dünn, zu dick, zu klein, zu groß, blond, braun, schwarz sind (und damit meine ich nicht nur die Haarfarbe), eine Behinderung, oder eine gleichgeschlechtliche Beziehung haben. Schönheit, so wie wir sie definieren, ist ihnen einfach nicht wichtig.
Nun – zumindest solange sie Pullis, Schuhe oder Handys der richtigen Marke tragen. Und hier muss ich ganz deutlich sagen, hier trennen sich definitiv die Wege zwischen unserem schön und deren schön.
Unter uns, das Aussehen des ein oder anderen erzeugt durchaus manchmal ein Brennen auf der Netzhaut. Für uns Erwachsene ist es unbegreiflich, wie eine Kopfmuschi, ein Oberlippenbärtchen und schwarze Adidas-Jogginghosen für Furore sorgen können und man ertappt sich dabei, jemandem Geld zustecken zu wollen, weil man denkt, er teilt sich die Klamotten mit seinem Großvater.
Im Nachhinein erfährt man, dass das keine Kleidungsstücke aus der Altkleidersammlung waren, sondern der neueste Schrei und sündhaft teuer noch dazu.
Um das zu verstehen, reicht es aber schon, in die 80er zurück zu blicken. Ich sehe hier durchaus Parallelen und erinnere mich an Hemden mit großflächigen Blumenmustern, Netzhemdchen, grauenhaften Jeanshosen, Oberlippenbärtchen und Frisuren, die durch Haarspray nachhaltig das Ozonloch beschädigt haben. Somit bin ich überzeugt, dass jede Generation schlechten Kleidungs-Stil benötigt, um sich im Alter darüber lustig machen zu können.
Ich finde die Denke der jüngeren Generation aber sehr sympathisch und finde, wir alten Grantler könnten uns durchaus eine große Scheibe davon abschneiden.
Fassen wir zusammen:
jugendliches oder sportliches Aussehen und eine schlanke Figur sind das Ergebnis von harter Arbeit, Disziplin und manchmal ein bisschen Chirurgie.
Abgesehen von ein paar wenigen Menschen, die aufgrund von überschüssiger Energie und Hyperaktivität, ständig und andauernd irgendwo umherrennen müssen, weil sie ansonsten ein Massaker anrichten würden, an denen Quentin Tarantino seine helle Freude hätte, gibt es kaum jemanden, der sich gerne quält.
Das bedeutet in der Schlussfolgerung: entweder ich lerne zu leiden, zu verzichten und quälen, oder aber ich akzeptiere meine Röllchen, meinen Hang zu alkoholischen Getränken und zuckerhaltigen Süßspeisen, zu hängende Körperteile und zu defizitärer Muskulatur.
Dabei darf man aber eine ganz entscheidende Sache auf keinen Fall vergessen: Nur ich, ich ganz alleine muss und darf darüber urteilen und entscheiden.
Es ist ganz ausschließlich meine persönliche Entscheidung, ob ich etwas für meine Schönheit, mein Aussehen und meine Fitness mache.
Keine Werbung, kein Fitnesstrainer, kein Mann, Freund oder Freundin und erst recht keine Modemarken, die mächtig coole Klamotten bis maximal Kleidergröße 40/42 produzieren, dürfen der Entscheidungsträger sein. Ich alleine entscheide, ob ich aktive am Fitnessgerät, oder am Glas bin.
In diesem Sinne: Prost!
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