Mental Load – Wie unsichtbare Care-Arbeit Frauen belastet
Mental Load durch unsichtbare Care-Arbeit und ungerechte Aufgaben-Verteilung in Haushalt und der Familie sind Phänomene, die vor allem Frauen betreffen. In der Folge können gesundheitliche Probleme entstehen, wie zum Beispiel der sogenannte Mama-Burnout bzw. Depressionen.
Keine Lust oder Zeit zu lesen? Hör´ dir hier unsere Podcastepisode zum Thema Mental Load an:
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Viele Mütter leiden unter mentalem Stress
Immer mehr Mütter in Deutschland leiden unter Stress aufgrund von zu hohem Mental Load. Ob alleinerziehend, mit Partner oder Partnerin – wir alle sitzen beim Thema „mentaler Stress“ in einem Boot und brauchen eine Lösung.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (1) hat herausgefunden, dass sich das Wohlbefinden eines Drittels aller befragten Mütter in den 7 Jahren nach der Geburt eines Kindes substanziell verschlechtert. Viele Mütter leiden zum Beispiel unter mentalem Stress, sozialem Rückzug, depressiven Verstimmungen und Angstgefühlen.
Ein Grund dafür ist der Mental Load, den wir als Mutter quasi permanent mit uns herumschleppen. Der Energie kostet und Stress verursacht. Und das eigentlich den ganzen Tag lang.
Aber was versteht man unter Mental Load eigentlich? Und wie lässt sich diese psychische Belastung in den Griff bekommen?
Was ist Mental Load?
Mental Load beschreibt die unsichtbare Verantwortung für alltägliche Leistungen, die oft von Frauen, insbesondere von Müttern gestemmt werden. Diese Care-Arbeit (auch Sorgearbeit bzw. Denkarbeit genannt) umfasst:
- Planung und Organisation von Haushaltstätigkeiten, Einkäufen, Terminen etc.
- familiäre Erziehungs- und Beziehungsarbeit (Pflege von Kindern und Familienmitgliedern, Aktivitäten etc.)
- ständige Sorge und Verantwortung, um sicherzustellen, dass alles reibungslos läuft
Mental Load bezeichnet also nicht die einzelnen Aufgaben an sich, sondern die psychische Belastung, die entsteht, weil du die Verantwortung für all diese Aufgaben trägst.
Die Folgen dieser chronischen Überlastung sind alarmierend: Gedankenkarusselle, burnout-ähnliche Symptome (Erschöpfung, Müdigkeit), Konzentrationsprobleme, psychosomatische Beschwerden, Schlafstörungen u.v.m. Damit gilt Mental Load völlig zu Recht als Risikofaktor für psychische und körperliche Krankheiten.
Beispiele für Mental Load
Im Grunde bezieht sich ein Mental Load auf all die Listen und Erledigungspunkte, für die du die Verantwortung im Alltag trägst und die ständig in deinem Kopf präsent sind. Meist führen diese To-Dos ein Leben im Verborgenen, sie sind praktisch unsichtbar. Du sprichst wahrscheinlich nicht groß darüber, denn diese kleinen Punkte sind ja „nicht der Rede wert“.
Am besten wird das klar, wenn ich einen kleinen Teil meines (Kathis) Mental Loads aufliste:
- Am Samstag ist mein Sohn zum Geburtstag eingeladen. Wir müssen noch ein Geschenk organisieren. Merke: mit den anderen Müttern reden, ob wir was zusammen schenken.
- Ach ja, Mama XY schulde ich noch Geld vom letzten Geschenk.
- Wir haben einen Rest vom Reis im Kühlschrank. Den müssten wir heute essen, weil sonst das Gemüse schlecht wird, das wir dazu braten könnten.
- Ich muss schnell Klopapier einkaufen. Ist so gut wie alle.
- In der 3. Klasse brauchen sie nächste Woche zwei kleine Schraubgläser. Wir haben aber nur große. Prüfen: Wo bekomme ich bis Montag die kleinen her?
- Heute Abend muss ich die Hausaufgaben meiner Tochter anschauen. Das letzte Mal war ziemlich viel nicht gemacht.
- Lesen üben sollte sie auch noch. 10 Minuten jeden Tag, gestern haben wir es nicht geschafft.
Diese Liste könnte ich ehrlich gesagt, noch wesentlich länger weiterführen. Es sind so viele kleine Dinge, für die wir jeden Tag verantwortlich sind. Und so viele Gedanken, die darum kreisen – und noch viel mehr Energie, die wir dafür aufbringen müssen, ohne es zu bemerken.
Die Mental Load Falle
Ständige Anspannung, das Gefühl immer für alles verantwortlich zu sein und niemals zur Ruhe zu kommen – viele Frauen kennen dieses Szenario nur allzu gut. Die Mental Load Falle beschreibt die Situation, wenn einer Frau die selbstverständliche Rolle zukommt, für alles zuständig zu sein: vom Einkaufen über das Kochen bis hin zur Kindererziehung.
Obwohl einige Männer mittlerweile bereit sind, sich stärker einzubringen und mehr Verantwortung im Haushalt zu übernehmen, machen die Strukturen innerhalb unserer Gesellschaft ein Ausbrechen aus der Mental Load Falle nicht einfach.
Besonders deutlich wird das zum Beispiel bei der Rückkehr ins Berufsleben nach einer Schwangerschaft: Während Väter schnell wieder voll berufstätig sind, bleiben Mütter oft lange im Teilzeitbereich gefangen – allein schon weil Kinderbetreuungsangebote nicht flexibel genug sind.
Mental Load Symptome
Die unglaubliche Leistung, die viele Frauen und Mütter jeden Tag meistern, ist zwar unsichtbar, dafür sind die Symptome des Mental Loads umso spürbarer.
- Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit
- innere Unruhe, Anspannung
- Infektanfälligkeit
- Schlafstörungen
- Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen
- ständige Erschöpfung, Müdigkeit
- Gefühl, ausgebrannt zu sein
- körperliche Beschwerden (Magen-Darm-Probleme, Migräne, Rückenschmerzen)
Das alles klingt verdächtig nach Burnout, wird aber auf den privaten Bereich bezogen. Und tatsächlich kann ein Mental Load in einem Burnout oder einer Depression münden, wenn du nichts dagegen tust.
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Ungleiche Aufgabenverteilung (Gender Care Gap)
Darum ist Mental Load bei Müttern verbreitet
Geht es dir auch so oder kommt dir das alles bekannt vor? Es gibt einen sehr interessanten Vortrag von der Autorin Rachel Carrell zu dem Thema Mental Load (2): Sie stellte fest, dass das Projektmanagement der Familie praktisch immer bei den Müttern liegt. Es ist eine unsichtbare Arbeit, da keiner wirklich darüber spricht. Es sind ja vermeintliche Kleinigkeiten, die Mütter erledigen, von denen die Familie aber zehrt.
Durch die Elternzeit, die meistens die Frau der Familie übernimmt, ist die meist noch die Mutter (und nicht der Vater) Expertin für Eltern-sein, Haushalt und Projektplanung. Und so hängt das eben an ihr, sie muss sich um gefühlt ALLES kümmern, alles organisieren und ist für ganz viel verantwortlich.
Das kann zur Belastung werden, gerade auch als alleinerziehende Mutter, die noch mehr Verantwortung tragen und sich um noch mehr kümmern muss.
Bestätigt wird diese Ungleichverteilung übrigens auch durch den 2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (3): Frauen wenden in Deutschland pro Tag im Durchschnitt 52,4 % mehr Zeit für Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit und Ehrenamt auf als Männer.
Dieser Unterschied wird als Gender Care Gap (4) bezeichnet. Die größte Ungleichverteilung entsteht in der sogenannten „Rush Hour des Lebens“, im Alter von etwa 34 Jahren: Frauen leisten dann im Schnitt 5 Stunden und 18 Minuten Care Arbeit täglich, Männer dagegen nur 2 Stunden und 31 Minuten.
Mental Load reduzieren & Stress abbauen
Hier sind 4 Tipps die du nutzen kannst, um dich selbst von der erdrückenden und diffusen Verantwortung des Mental Loads zu befreien. Sicher auch interessant für dich: Was ist ein Mütter Burnout?
Das Unsichtbare sichtbar machen
Schreibe dir einen Tag lang alles auf, an das du denkst, was du planst und erledigst. Mach einfach eine Liste und nimm jede Kleinigkeit auf – selbst wenn du glaubst, dass diese Punkte nicht der Rede wert sind. Du wirst staunen, wie viel das ist, was da in deinem Kopf passiert. Allein dieses Realisieren und Verstehen wird dich einen Schritt weiter bringen.
Das gilt übrigens unabhängig davon, ob du in einer Partnerschaft lebst oder Alleinerziehende bist (dann ist die Liste wahrscheinlich nochmal länger).
Partner einbeziehen oder Netzwerk nutzen
Besprich mit deinem Partner deine Liste und deine mentale Belastung. Geht sie zusammen durch und überlegt gemeinsam, was sich streichen lässt, was er/sie übernehmen kann und auch was absolute Priorität hat.
Falls du alleinerziehend bist, oder dein Partner selbst überlastet ist, überlege dir, wen es in deinem Netzwerk gibt, der dich unterstützen kann. Es gibt auch Angebote von Beratungsstellen oder über die Krankenversicherung die du nutzen kannst.
Effektive Hilfsstellen bei Mental Load
- Erziehungsberatungsstellen
- Familienhilfe
- Babysitterbörsen
- ehrenamtliche Omas und Opas
- Haushaltshilfen über die Krankenversicherung (unter bestimmten Voraussetzungen)
- Mutter-Kind-Kur oder Mutter-Kur
- Unsere Angebote, die auf Austausch und konkreter Unterstützung beruhen
- Nachbarschaftshilfe
Du bist nicht auf dich alleine gestellt. Wichtig ist, innerlich zuzulassen, dass du dir Hilfe holen “darfst” und dann auch möglichst konkret danach zu fragen. Höre dir auch gerne unsere Podcastepisode zum Thema Hilfe holen dazu an.
Aufgabenplanung und Fokus
Überlege dir, entweder alleine oder – falls vorhanden – mit deinem Partner, wie ihr die haushalts- und familienbezogenen Aufgaben zukünftig plant. Ein Tool, dass wir gerne dafür nutzen ist Trello, eine kostenfreie App, mit der pro Aufgabe Kärtchen mit Aufgabenbeschreibung und Zuständigen erstellt werden können.
Die Aufgaben werden von „To Do“ in „Doing“ und dann in „Erledigt“ verschoben.
Mehrere Personen können an einem sogenannten Aufgabenboard arbeiten.
So bleiben die Aufgaben sichtbar und können eindeutig aufgeteilt und erledigt werden.
Neben Trello gibt es viele andere tolle Apps, die so etwas ermöglichen.
Stichwort bei deiner eigenen Zeitplanung: Fokus
Es geht darum, nicht den ganzen Tag mit diesen 1000 Dingen im Kopf durch die Gegend zu rennen, sondern dir gezielt Zeit dafür zu nehmen, sie aufzulisten, zu priorisieren und abzuarbeiten. Plane dir gezielt Fokuszeiten für bestimmte Themen wie Haushalt oder Einkaufen ein, in denen du möglichst nur das tust.
Und das in Aufteilung mit dem Partner oder falls du alleinerziehend bist, in Zusammenarbeit mit einer guten Kinderbetreuung durch eine Institution oder durch Unterstützer wie Freunde, Nachbarn, Verwandtschaft etc.
Falls möglich: Elternzeit aufteilen – denn hier liegt die Wurzel des Problems
Falls die Elternzeit noch vor dir liegt: Überlege mit deinem Partner/dem Vater des Kindes, ob ihr sie aufteilen könnt. So verhinderst du, dass die Aufgaben irgendwann auf Dauer an dir kleben bleiben. Falls du alleinerziehend bist, gibt es vielleicht trotzdem die Möglichkeit den Vater des Kindes einzubeziehen oder andere Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen.
Fazit: Mental Load bewältigen
Viele Frauen leiden unter Mental Load – Du bist damit nicht allein. Und es gibt effektive Lösungen, um deine psychische Belastung in den Griff zu bekommen und Überlastung zu vermeiden. Ein großer Schritt ist bereits getan, wenn du dir bewusst wirst, welche Aufgaben tatsächlich wichtig sind und welche du delegieren oder abgeben kannst.
Du schaffst das! Hole dir Unterstützung – egal ob als alleinerziehende Mutter oder Mama in einer Partnerschaft. Wichtig ist, dass du nicht zu viel auf einmal erwartest und Schrittchen für Schrittchen vorgehst.
Falls du mehr willst: In unserem kostenfreien eBook „sei die Mama die du sein willst“ geben wir dir übrigens noch weitere Geheimtipps, wie du einfach und alltagstauglich deinen Stress reduzieren und mehr Gelassenheit in dein Leben bringen kannst.
Quellen
1) Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Pressemitteilung vom 29. August 2018 – Mutterschaft geht häufig mit verringertem Wohlbefinden einher
2) Youtube: The Mental Load and Why it Matters
3) Wikipedia: Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
4) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Gender Care Gap – ein Indikator für die Gleichstellung
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