Aufgepasst: Unsere Gast-Autorin LaTina hat wieder zugeschlagen 🙂
Um das Verhältnis von Müttern untereinander zu beschreiben, reichen zwei Worte: „geliebter Feind“.
Damit meine ich natürlich nicht die langjährigen Gefährtinnen, mit denen man schon sämtliche Höhen und Tiefe seines Daseins durchlebt hat, oder die wahren Freundinnen, die man im Laufe der Wachstumsphase seines Kindes kennengelernt hat und die einen durch schmerzende Brüste, Baby Blues und unnütze Fitnessprogramme begleitet haben.
Damit meinen ich die ein oder andere Mutter, die der Storch leider mitsamt des Kindes in Deinem Leben abwirft und um die man nicht gebeten hat.
Egal ob Du willst oder nicht, Du begegnest diesen Müttern zumindest dann, wenn Du anfängst, durch die Babyangebote zu tingeln.
Egal ob Babymassage, PeKip, Babyschwimmen oder Feengruppe, hier rotten sie sich zusammen – hungrig, allwissen und sehr gesprächig.
Du nimmst Dir vor, den gebuchten Kurs stoisch und mit Freude zu überstehen und lauschst den Weisheiten der anderen Mütter, die Dir ihre Meinung über Windeln, Impfung und Babybreichen, gefragt oder ungefragt, ins Ohr blasen.
Du bewunderst diese wahnsinnig gut informierten und belesenen Mütter, die akademische Studien von hochdotierten Wissenschaftlern verstehe, interpretieren und vermitteln und kommst Dir dabei ziemlich doof und unwissend vor.
Deine Achtung vor Dir und Deiner Ausbildung sinkt von Kurs zu Kurs und natürlich kannst Du mit den Schlauheiten der anderen Mütter nicht konkurrieren, denn Du hast Dir im Gegensatz zu ihnen Dein Halbwissen nur durch einschlägige Literatur angeeignet und keine Vorlesungen darüber in der Uni besucht.
Das gute an diesen Baby-Bespaßungsprogrammen – Du kannst noch selbständig entscheiden, wen Du nett und wen Du weniger nett findest.
Auch wenn sich die eine oder andere superschlaue Mutti an Deine Fersen heftet, Du kannst sie noch abschütteln, im besten Fall, bevor Du dich während des Babyschwimmens selbst ertränkst.
Das ändert sich, sobald die Tür der Kinderkrippe oder des Kindergartens ihren Schlund aufreißen. Spätestens jetzt erlebst Du Nachmittage von denen Du keine weiteren erleben möchtest.
Nachmittage, an denen Du Dich verzweifelst an einer Tasse Kaffee festhälst und noch verzweifelter nach irgendeinem gemeinsamen Nenner suchst. Und das alles nur, weil „die Kinder sich ja ssooooo gut verstehen und sooooo toll miteinander spielen“.
Zu Hause versuchst Du dann, Deinem Sohn klar zu machen, dass andere Mütter ebenfalls tolle Kinder haben. Das klappt nicht immer und manchmal bleibt Dir die ein oder andere Mutter erhalten.
Und so kommt es, wie es kommen muss, Dein Kind sucht sich neue Freunde und nicht immer verspricht diese Veränderung das, was Du Dir als Mutter erhofft hast, denn Gleiches gesellt sich gerne zu Gleichem.
Die kleinen Scheißer erkennen sich – blind. Als hätten sie einen Radar, der sie zu ihresgleichen führt, den sogenannte Assi-Radar.
Das Gute dran ist, dass die Mütter dieser Kinder ähnlich ticken wie Du und auch wenn sie es nicht so exzessiv praktizieren wie du selbst, sie verstehen zumindest, dass Alkohol vor 17:00 Uhr und schubkarrenweise Süßigkeiten ein wichtiger Bestandteil Deines Alltags sind. Überlebenswichtig – nicht für Dich, für Dein Kind.
Denn ohne, wäre es nicht mehr lange Dein Kind.
Und so geht es munter weiter. Über die Jahre hinweg wirst Du an Elternabenden, Sommerfesten, Fußballspielen, Mountainbikeparcours, Musikschulen und Kirchenveranstaltungen viele neue Menschen kennenlernen.
Viele Mütter, viele Väter. Die einen liegen Dir, die anderen nicht – und Du machst eine Erfahrung, die Du niemals für möglich gehalten hättest: Du stellst fest, dass nicht nur im Krieg und in der Liebe alles erlaubt ist, sondern auch in der Erziehung.
Nirgends wird so unverfroren gelogen, geklotzt und gelobt, wie bei den leibeigenen Kindern.
Und nirgends wirst Du Dich so schlecht und mies fühlen, wie nach einer Unterhaltung mit Müttern (oder Vätern), die Dir die Vorzüge Ihres Kindes unterbreiten.
Dieses Kind, das neben Geige und Klavier, gerade dabei ist, ein neues Instrument zu lernen: „Du, da hat er so lange gebemst, bis ich eingeknickt bin“, ein ergeiziger Sportler ist: „Du, der trainiert ständig – der lebt für seinen Sport. Ich sag da gar nix“, ein toller Schüler ist ;„Nee Du, das macht er komplett alleine, ich mische mich da überhaupt nicht ein“, der wahnsinnig beliebt ist: “Ich sag`s Dir, ständig hängen diese Kinder bei uns rum“ und gute Manieren mit dem Schöpflöffel gefressen hat; „Ja, nee… er ist einfach ein Charmebolzen“.
Und du weißt, dass Deine eigenen Kinder nicht ohne Androhung von 1000 Jahren Handyverbot, von alleine unter die Dusche gehen würden und Musik nur dann toll finden, wenn sie von fürchterlichen Gangstern schlecht gerappt aus den Boxen dröhnen.
In Gedanken siehst Du Deine Faust in ihre Visagen wandern und am Abend fällst Du über Tonnen von Eiskrem her.
Wohlgemerkt gekaufte Eiskreme – sehr süß, sehr fettig, sehr yummie, und denkst an ebendiese Mütter, wegen denen Deine Bauchspeicheldrüse gerade in die Grätsche geht und weißt, dass eben diese Mütter niemals ein Eis kaufen würden – sie macht es nämlich selber: „Hey, den Scheiß aus dem Kühlregal bekommen wir einfach nicht mehr runter“.
Währenddessen liest Du die vom deren Sohn liebevoll kreativ selbstgestaltete Geburtstagseinladungskarte: „Die hat der natürlich alleine gemacht – da hock ich mich doch nicht mit hin, geht`s noch?“ und wünscht Dir einen ordentlichen Schuss Whisky in dein selbstgekauftes Eis.
Über die Jahre hinweg beginnst Du aber zu begreifen, dass es wirklich stimmt, was du vorher nicht für möglich gehalten hast.
Du beginnst zu begreifen, dass anderen Müttern in keinster Weise schlauer oder besser informiert sind als du.
Dass keine der superschlauen Muttis so viel Ahnung hat, wie sie immer vorgeben. Dass sie genauso an ihrer Erziehung, an ihren Kindern und an ihrem Leben (ver-) zweifeln, wie Du und dass sie genauso wenig wissen, wie Du, ob ihre Kinder einmal glücklich, gesund und erfolgreich sein werden.
Du wirst erfahren, dass es beileibe nicht der Sohn war, der ein zusätzliches Instrument lernen wollte, der auch nicht alleine lernt, der bei weitem nicht so beliebt ist, der seine Einladungskarten zwar alleine, aber unter Heulen und Keifen fertiggestellt hat und der das selbstgemacht Eis seiner Mutter einfach nur erbärmlich findet.
Du wirst erfahren, dass dieses Kind in der Schule ebenfalls mit Misserfolgen und in seinem Sport mit Missgunst und Mobbing zu kämpfen hat. Du wirst erfahren, dass Ihr Kind genauso dreckig, frech und faul ist, wie Dein Eigenes.
Denn das nennt man Wachstum und Pubertät und Rebellion. Und Du wirst erfahren, dass das alles ganz normal ist.
Und wenn Du Glück hast, wirst Du Freunde haben, die Dir sagen, dass Du nicht spießiger sein sollst, als Deine Eltern es waren und dass die das doch ganz gut gemacht habe und dass die viel entspannter waren, als Du es jetzt gerade bist.
Und wenn Du Glück hast, dann hast Du Freunde, die mit Dir einen heben gehen, dir Taschentücher und viel Gin Tonic reichen und Dir sagen, dass Du eine Wahnsinns-Mutter bist und dass Dein Kind nicht perfekt, aber glücklich, geliebt und geborgen ist.
Und dann wirst Du Dir überlegen, was wirklich wichtig ist im Leben und dann, aber auch erst dann, wirst Du wissen, dass ein Inniges Verhältnis, auch über die Pubertät hinaus und Vertrauen in die Fähigkeiten und inneren Werte Deines Kindes, das allerwichtigste sind.
Dann ist der Zeitpunkt reif, um den ganzen superschlauen und übermotivierten Eltern den imaginären bösen Finger zu zeigen.
Und dann streichst Du Deinem Sohn über die ungekämmten Haare und kippst Dir mit gutem Gewissen und einem fetten Lächeln einen ordentlichen Schuß Whisky über Dein selbstgekauftes Eis.
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