Unsere Gastautorin LaTina hatte wieder einen Kreativitätsschub – zum Glück für uns!
Sie beleuchtet das Thema Pubertät und die Frage, wer hier eigentlich von wem etwas lernen kann – und wenn ja, was. Lasst euch das nicht entgehen, ich wette, dieser Text entlockt jedem ein Lächeln – mindestens.
Vor Kurzem bin ich beim Lesen einer „Mutter-Kind-Familien“-Zeitschrift über einen Text gestoßen, dessen Kontext mich zum Schmunzeln gebracht hat.
Es hieß in diesem Text, dass die Zeit der Pubertät durchaus etwas sehr Lehrreiches für uns Eltern bereithalten würde – würde man sich darauf einlassen. Ich war wirklich sehr gespannt auf die neuen Erkenntnisse, mit denen mich der Autor überraschen wollte, denn ich habe gerade selbst zwei Kinder in dieser Phase und hatte bis dato nicht den Eindruck des großen Lehrreichtums.
Kurzum, der Artikel war nett und kreativ geschrieben, aber wirklich Neues hat er nicht vermitteln können. Somit hatte auch der Autor keine Patentlösung für meine tägliche Herausforderung parat.
Die ultimative Lösung, aus zwei Teenagern sozialverträgliche Menschen unserer Gesellschaft zu machen, ist und bleibt ein Mysterium, das ich anscheinend weiterhin alleine für mich erforschen muss.
Trotzdem hat mich das Thema beschäftigt, und so bin ich tage- und nächtelang in mich gegangen und habe mich ernsthaft gefragt, was ich von meinen pubertierenden Kindern denn lernen könnte.
Aber was bitte soll ich von einem Kind lernen, dessen Bett einem Veranstaltungsort nach der letzten Rave Party gleicht? Dessen Zimmer und die darin verstreuten Essensreste, wiederum Platz für neue Mitbewohner bietet? Und dessen verbale Äußerungen sich aus Grunzlauten generieren, die für jeden Ü40 ähnlich verständlich sind wie Klingonisch?
Manchmal glaubt man auch man wäre im falschen Film und Chewbacca säße neben einem. Welche brauchbaren Erfahrungen generiere ich bitte von einem Menschen, dessen Kleidung, in den Augen eines gesellschaftstüchtigen Erwachsenen, eine Schande für jeden Gebrauchtwarenhof wäre, und dessen Appetit auf zuckerhaltige und fetthaltige Speisen ähnlich groß ist, wie die Sehnsucht auf Sex? Also übermächtig.
Was bitte soll ich von einem Halbwüchsigen lernen, der „heimlich“ Zigaretten raucht (und nicht nur diese), der seine ersten Erfahrungen mit Alkohol macht (natürlich auch „heimlich“ und diese dann über der Kloschüssel zum Besten gibt)? Der regelmäßig chirurgisch von seiner PS4 getrennt werden muss und dem ein Handy mehr bedeutet als der Weltfrieden?
Selbst hartgesottene Pädagogen müssen einsehen, dass hier der Lerneffekt eher gering ist.
Aber wenden wir uns in der Lern-Frage doch mal denen zu, die es am meisten betrifft: den Jugendlichen.
Witzigerweise ergeht es denen keinen Deut besser als uns Erwachsenen. Zwar wird nicht lauthals über die zukünftige vermeintliche Arbeitslosigkeit und die Angst über ein Bett unter der nahegelegenen Brücke, wahlweise in der JVA, lamentiert, aber geklagt wird auch.
Was bitte sollen sie lernen von uns Erwachsenen, die in ihren Augen gestresst, genervt, regelkonform und spassfrei ihren Alltag leben?
Denen die Frage nach der letzten Lateinnote wichtiger ist, als das Sprießen des ersten Barthaares. Die ihre eigene versaute Jugend gerne mit einem Heiligenschein garnieren – oder diese sogar vergessen und die ständig meinen, dass Perfektion und AC wichtiger sind als Achselhaare und Kreativität.
Was ist schlimm daran, nachts sein Handy mit aufs Zimmer zu nehmen? Oder was bitte ist schlimm daran, mal Filme Ü18 anzusehen? Was ist schon dran, an den vermeintlichen Gangsterrappern? Fallen wir alle in Ohnmacht, wenn ein cooler Typ mit geilen Autos und noch geileren Muttis auf einer Bühne rappt?
Und was bitte kann so schrecklich daran sein, sich nachts um 23:00 Uhr eine fette TK-Pizza in den Ofen zu schieben?
Nun, wirklich schlimm ist keins der oben genannten Dinge. Wir sind alle nicht frei von Sünde und hätten wir die Liedtexte von Kurt Cobain ernst genommen, wäre ca. die Hälfte unserer Jahrgangsstufe ausgestorben.
Was also glauben wir, was unsere Kinder mit den schlecht geschriebenen Liedtexten der Gangsterrapper machen? Sie inhalieren und diese zu ihrem Lebensmotto machen?
Wahrscheinlich ist es auch eher die Gesamtheit der oben genannten Dinge, die uns Eltern rasend macht und die fehlende Einsicht der Kinder, die Familie nicht als Hotelangestellte zu sehen, sondern als Vater und Mutter. Nicht der Wunsch des Moped-Führerscheins bringt uns zum Toben, sondern die stundenlange Diskussion über alle anderen Themen, die uns Tag täglich vor die Füße geworfen werden. Auch bringt uns nicht der Zigarettenduft zum Rasen, sondern das zweistündige Zuspätkommen und der Verweis, der uns heute schon beglückt hat.
Wahrscheinlich ist es auch nicht das Erwachsenenfilmchen, das uns zur Weißglut treibt, sondern die Millionen Spams, in denen uns hübsche Russinnen ihre Dienste anbieten und damit unseren Posteingang zumüllen und mit großer Wahrscheinlichkeit lässt uns stundenlanges Zocken an der PS4 kalt, nicht aber die Kreditkartenabrechnung die uns mit dem Kauf von kostenpflichtigen Spielerweiterungen zugestellt wird.
Und vielleicht habe ich gerade jetzt etwas ganz Wichtiges gelernt:
Die Pubertät war, ist und wird es immer sein – ein Kampf.
Generationen vor uns haben sich in die Haare bekommen, Generationen nach uns werden sich diese raufen. Vielleicht ändern sich die Themen wegen wessen wir uns zanken, aber nervenaufreibend und kräftezehrend ist und wird es allemal sein.
Jeder wird diesen Kampf auf seine ganz eigene Weise führen. Die einen werden dafür mehr, die anderer weniger Alkohol benötigen, die einen werden sich in diesem Kampf verlieren, die anderen werden sich darin finden. Um so wichtiger ist es dann doch, sich nicht auch noch von außen kritisiert und bevormundet zu fühlen. Manche Kinder benötigen mehr, die anderen weniger Raum, aber alle benötigen Eltern, die rechtzeitig eine Schlachtpause beantragen und mit denen sie gemeinsam ihre Wunde lecken können.
Vielleicht bei einem guten Radler, wenn`s der Tequila schon nicht sein kann.
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